Entpflichtung von hans mörtter

Nach 35 Jahren als Pfarrer
an der Lutherkirche

Stadtsuperintendentin Susanne Beuth entpflichtet Hans Mörtter als Pfarrer nach 35 Dienst an der Lutherkirche, Foto: Tim Lahr

„Hans Mörtter ist der Schimanski unter den Pfarrern“

Gleich zu Anfang sagte Hans Mörtter, dass er nicht aufgeregt, sondern angeregt sei. Es hatte im Vorfeld seines Entpflichtungsgottesdienstes schon mehrere Medienbeträge gegeben, aus denen hervorging, dass er alles andere als in den Ruhestand geht. Deswegen ist es auch kein Abschied, sondern er wird von seinen Pflichten als Pfarrer entbunden, aber nur um mehr Zeit für seine Projekte zu haben, da stehen Flüchtlinge, die Seenotrettung, Alleinerziehende, Hartz-IV-Empfänger und immer wieder Obdachlose ganz oben auf der Liste.

In ihrer Improvisation von Musik (mit Thomas Frerichs am Klavier) und Text von Hans Mörtter kamen wieder Gänsehautmomente auf: „Menschen, spürt meinen Namen“, zitierte er, „hört meinen Ruf, denn ich bin der Gott, der in die Freiheit führt“. Viele Menschen haben Angst vor dem Herbst und Winter, wollen aber nichts riskieren und sicher sein.“In meinem Namen bist du geboren… Du bist nicht allein“, erinnerte Hans Mörtter uns und erklärte auch wie. Das Zusammenhalten, das Füreinander-Da-Sein, Arm in Arm, Hand in Hand, zusammen, das sei der Weg.

In seiner Predigt nannte der mit ihm befreundete Kabarettist Wilfried Schmickler ihn „unseren Friedenspastor“ und zählte verschiedene Gründe auf, warum Aufhören keine Option ist: „Wenn wir aufhören, über die Zukunft zu reden, reden andere über die Vergangenheit…“ (Den Text hat uns Wilfried Schmickler freundlicherweise zur Verfügung gestellt, s. u.) „Was gibt uns noch Halt?“, fragte Schmickler und meinte gutmütig zu Hans Mörtter: „Die Welt braucht Spinner wie dich“. – Der „Spinner“ lachte herzlich, beklagte in seinen Predigtgedanken dann aber die egomanische Gesellschaf;, doch es sei wichtig hinzugucken. Alleine ginge es nicht weiter.

Mörtter sprach von der Notwendigkeit des Gottesvertrauens. „Vertrauen nur auf sich selbst ist als Lebenskostüm zu eng“ und er glaubt nicht, dass deutsche Menschen Opfer oder Schafe sind. Wir kümmern uns um das Klima, Obdachlose, Hartz-IV-Empfänger und setzen uns für eine menschliche Gesellschaft ein. „Wie macht man das? Keine Ahnung. Aber wir marschieren los. Etwas für möglich zu halten, ist das Schönste was es gibt“.

Superintendentin Susanne Beuth ging auf Mörtters innerkirchliche Arbeit ein. „Hans hat das Evangelium in Wort und Tat gepredigt. In der Synode hielt er heiße Reden, ermahnte, dass die Kirche ihre Daseinsberechtigung verliert, wenn sie nicht nah bei den Menschen ist“. Dann löste sie ein Sprachgeheimnis auf. Normalerweise heißt ein solcher Gottesdienst ‚Verabschiedung in den Ruhestand‘. „Ruhestand: Das Wort alleine geht bei ihm schon nicht. Jetzt legt er erst los mit einem Kampf für eine gerechtere Welt“, erklärte Beuth. Deswegen hat Hans Mörtter das altmodisch Entpflichtung genannt. Von heute an steht hinter seinem Namen, Pfarrer i. R., was allerdings im Ruhestand heißt, aber da ginge bei ihm wohl der Blutdruck in die Höhe. Deswegen hat Beuth sich überlegt, wie das umzubenennen sei. Bei Hans Mörtter heißt i. R. künftig „in Ruhestandsverweigerung“, verkündigte sie. In den Jubel der Anwesenden rief Beuth hinein: „Du bleibst der Mensch, der du bist“.

Hans Mörtter wurde von der Bürgermeistern Brigitta von Bülow geehrt und auch der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke fand würdigende Worte. Der frisch „Entpflichtete“ nutzte den Anlass dazu, sich bei allen Weggefährt:innen und seinen Teams zu bedanken. Einige von ihnen kamen zu Wort, wie Pfarrer Christoph Rollbühler von der Christuskirche, der ihn als den „Schimanski *) unter den Pfarrern“ bezeichnete, und Pfarrer Mathias Bonhoeffer ehrte ihn in seiner Funktion als Vorsitzender des Presbyteriums. Die Presbyter:innen würdigten ihn ebenfalls und auch das Team des Kindergottesdienstes, Britta Oberrauch und Hannah Riedel. Die Kinder haben gesammelt und ihm einem Apfelbaumsetzling geschenkt. (Der Spruch: Und wüsste ich, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen, wird oft Luther zugeschrieben). Und die kleine Nina brachte es auf den Punkt: „Ohne dich wird das nicht mehr das Gleiche sein“.

Dies sind ein paar erste Schlaglichter auf einen bewegenden Gottesdienst mit einer anschließenden Feier mit viel Musik.
Weitere Informationen, Fotos und ein Video über den Tag folgen in den nächsten Tagen.

Text: Helga Fitzner

*)
Horst Schimanski war ein fiktiver Tatort-Kommissar (von 1981 – 1991), der sich vor allem durch Unangepasstheit auszeichnete und von Götz George verkörpert wurde.

 
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