Palmsonntag

Das Schreiben der Freiwerdungs-Scheine ist der erste Schritt in das Ostergeschehen

„Das Konzept des Osterzyklus‘ ist die ’semana santa‘, die heilige Woche. Sie beginnt am Palmsonntag, an dem uns in der Lesung der Einzug Jesu in Jerusalem in Erinnerung gerufen wird. Der Palmsonntag wird grundsätzlich mit Abendmahl gefeiert. Wir wollen uns damit auf das Geschehen der Osterwoche vorbereiten und uns für das Kommende öffnen. Während des Gottesdienstes schreiben wir die sogenannten Freiewerdungs-Scheine, auf die wir alles notieren, was uns belastet. – Früher haben wir sie „Schuld“-Scheine genannt und das Wort ‚Schuld‘ aber in Anführungsstriche gesetzt:

Kirche hat viel zu viele Verbrechen begangen mit dem Säen von Schuld und dadurch ihre ganz eigene Schuldgeschichte geschrieben. Sie hat den Menschen so massiv Schuld eingepflanzt, dass das bis heute nachwirkt. – Trotzdem gibt es das: Schuld, Schuldig-werden, Versagen, Auf-der-Strecke-Bleiben und Verhindert-Sein. – Das erstickt uns aber. Deshalb schreiben wir es auf. Dabei finden wir heraus, was uns verhindert, was Leben abbremst. Eine Woche später, am Ostermorgen machen wir im Volksgarten ein großes Osterfeuer. Wir stellen uns im Kreis auf und lesen aus einigen der Zettel vor. Einer nach dem anderen wird ins Feuer geworfen. Wenn alle Zettel verbrannt sind, entsteht vielleicht eine Befreiung, die Möglichkeit, Kraft zu bekommen und atmen zu können. Das Schreiben dieser Freiwerdungs-Scheine am Palmsonntag ist der erste bedeutsame Schritt in das Ostergeschehen.“
Hans Mörtter, Pfarrer i. R.
P. S.: Das Osterfeuer hat in den letzten Jahren in kleinerer Form im Atrium der Lutherkirche stattgefunden.