Karfreitag an der Lutherkirche

"Es gibt keine billige Gnade"

Das Abendmahl ist vorbereitet, Foto: Helga Fitzner

„Karfreitag ist ein ganz, ganz besonderes Ereignis. Es ist einer der Tage, an dem wir uns auf unser Menschsein, auf unsere Existenz rückbesinnen können. Deswegen ist alles ganz reduziert. Es gibt keine Predigt, weil man da einfach den Mund halten sollte. Da sollte man sich einfach aussetzen. Aus diesem Grund wird der Gottesdienst mit Rochus Aust als Installationskünstler gestaltet sowie mit Daniel Diestelkamp, dem Obertonmusiker, anderen Musiker:innen und Schauspieler:innen, die kurze Texte sprechen. Das ist ein Gottesdienst, der inklusive Abendmahl nur etwa 45 Minuten dauert, eine intensive Zeit und ein intensives Geschehen.

Unsere Karfreitagsgottesdienste sind heute deutlich besser besucht. Früher sind nicht so viele Leute gekommen, obwohl es der höchste protestantische Feiertag im Jahr ist. Das ist, als ob die Menschen der Sache aus dem Weg gingen. Sie kamen am Ostersonntag, ließen den Karfreitag lieber schlabbern, als dass es weh tut. Aber dem Schmerz muss ich mich hin und wieder mal aussetzen. Das gehört mit dazu, sonst kann ich auch keine Freude empfinden. Jetzt kommen in jedem Jahr mehr Leute, anspruchsvolle Leute, die sich gezielt dieser Erfahrung stellen wollen. Andere halten das für zu kompliziert und sagen, das ist nicht mein Ding. Das ist völlig in Ordnung. Das Schöne ist, dass wir neben diesem dramaturgisch-offenen Gottesdienst auch den klassischen Karfreitagsgottesdienst an der Kartäuserkirche bieten können. Beide Arten von Gottesdienst sind absolut hochwertig.

Karfreitag ist eine Setzung den Mächten dieser Welt entgegen. Ihnen das Gesicht zu zeigen, auszuhalten, den Rücken nicht krumm zu machen. Das ist im Grunde Karfreitag. Ich stehe zum Schmerz dieser Welt, ich stehe zu meinem eigenen Schmerz und lasse mich nicht depressiv und krank machen von den Strukturen, die beherrschend sind in dieser Welt. Ich schaue dem Unheil ins Gesicht und habe Rückgrat. Ich halte entgegen. Ich schaue sozusagen dem Diktatortod in die Augen. Egal wie er mir kommt. Wenn ich schaffe, das auszuhalten, dann bekommt der Diktator nämlich Probleme, denn er kann mir keine Angst mehr machen.

Dann erst, wenn ich in diese Haltung gehe, komme ich auch zur Auferstehung, zur Kraft des Ostermorgens, zur Überwindung, zum Licht, zur Energie. Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt, es gibt keine billige Gnade, es gibt nur eine teure Gnade. Das hat er ausgehalten mit allen Zweifeln und Schmerzen. Es ist unglaublich, wie dieser Mensch daran gewachsen ist, wie intensiv er nachwirkt und damit für uns alle ein ganz starkes Zeugnis abgelegt hat.“
Pfarrer i. R. Hans Mörtter

Kunst und Gottesdienste während der Karwoche 2020

PASSIONSZEIT

Unser Kurator Rochus Aust erschuf zusammen mit verschiedenen Künstler:innen und Pfarrer Hans Mörtter einige klangbasierte Installationen, die auf c-view zu sehen sind.

„Unterbrechung“ ist das neue Format von Pfarrer Hans Mörtter und unserem Kurator Rochus Aust, das die bisherigen Nachtstillen und die „passio“ ersetzt.

Montag, 6. April 2020 · ab 16.00 h online abrufbar unter LTK4 c-view
UNTERBRECHNUNG #05 · COLLISIO
mit Verena Barié/Köln-Amsterdam (Blockflöten/Elektronik) Constantin Herzog/Köln (Kontrabass)
Rochus Aust/Köln (Trompeten)

Dienstag, 7. April 2020 · ab 16.00 h online abrufbar unter LTK4 c-view
UNTERBRECHNUNG #06 · GLOBUS IGNEUS
mit Oxana Omelchuk/Köln (Orgel/Elektronik)
Constantin Herzog/Köln (Kontrabass)
Rochus Aust/Köln (Trompeten)

Mittwoch, 8. April 2020 · ab 16.00 h online abrufbar unter LTK4 c-view
UNTERBRECHNUNG #07 · RELIQUIAE
Mark Polscher/München (Elektronik)
Constantin Herzog/Köln (Kontrabass)
Rochus Aust/Köln (Trompeten)

Gründonnerstag, 9. April 2020 – Der Mahlgottesdienst enfällt
Alternativ hat Pfarrer Mathias Bonhoeffer ein Video erstellt

Karfreitag 10. April 2020 · 11.00 Uhr online aufrufbar unter LTK4 c-view
UNTERBRECHNUNG #08 · INFINITUM
Pfarrer Hans Mörtter
Verena Barié/Köln-Amsterdam (Blockflöten/Elektronik)
Oxana Omelchuk/Köln (Orgel/Elektronik)
Mark Polscher/München (Elektronik)
Constantin Herzog/Köln (Kontrabass)
Rochus Aust/Köln (Trompeten)

Ostersonntag 2020 - Online

OSTERSONNTAG

In diesem Jahr werden die musikalischen UNTERBRECHUNGEN der Karwoche in der Lutherkirche als Online-Meditationen angeboten.

Erbeben, Blitz und Steinverschiebung bereiten am Ostersonntag die Stille
der Leere vor.
Die Losung lautet: Fürchtet Euch nicht!
Und wie die Frauen vor dem leeren Grab, steht die Gemeinde vor der
leeren Kirche.
Undenkbar und doch angekündigt.
Unfassbar und doch real.
Unerklärlich und doch längst begründet.
Und aus zwei Metern Abstand klingt die vertrauensvolle Stimme:
„Fürchte Dich nicht vor…“
Text: Rochus Aust

Ostersonntag, 12. April 2020 WURDE AUFGEZEICHNET
mit Pfarrer Hans Mörtter, Mezzosopranistin Agnes Erkens und
unserem Kantor Thomas Frerichs

OSTERFEUER – Verbrennung von Freiwerdungs-Scheinen
Ihr kennt das Ritual von Palmsonntag aus den letzten Jahren:Wir verbrannten auch in diesem Jahr die Freiwerdungs-Scheine im Osterfeuer! Da Palmsonntag ausfallen musste, sandten viele ihre Scheine an Pfarrer Hans Mörtter mit Antworten auf die Fragen: Was belastet Euch, was erdrückt Euch, was macht Euch Angst, wovon wollt Ihr frei werden?

Link zum Youtube-Video