Public Viewing im Atrium

“Die haben sich einfach wohlgefühlt“

Zur Fußball-Europameisterschaft 2008 hatte Pfarrer Hans Mörtter schon ein paar Public Viewings im geschützten Innenhof der Lutherkirche angeboten. Das war sozusagen die Testphase für die WM 2010. Sonja Grupe vom Südstadt Leben e. V., dem kulturellen Förderverein der Lutherkirche, hat dann 2010 den WM-Marathon mit einem Team aus Angestellten und Ehrenamtlichen gestemmt. Es wurden alle Vorrundenspiele mit Deutschland und sämtliche Finalspiele ab dem Achtelfinale gezeigt.

Auch 2012 zur EM wurden die Spiele mit deutscher Beteiligung sowie die Finalspiele gezeigt.

Ist es nicht ungewöhnlich, Public Viewings für Fußball in einer Kirche anzubieten?

Gar nicht. Dabei geht es um Gemeinschaft. Es ist eine „All-Generationen-Fete“. Alle Generationen waren vertreten, auch auffallend viele junge Leute. Es war eine fröhliche Atmosphäre. Viele haben sich sogar bedankt. Dazu gehört schon etwas dazu. Beschweren tut man sich schneller. Da sind Leute vor allem zu den freiwilligen Helfer:innen hingegangen und haben danke gesagt.

Es ist sicher nicht einfach, sich um so viele Gäste zu kümmern.

Angeführt von meiner Frau, Sonja Grupe, hat ein ganzer Trupp Ehrenamtliche mitgemacht, unser Presbyter Stefan Schmiedel und einige Angestellte. Die haben richtig geschwitzt und malocht. Es hat ihnen aber auch Spaß gemacht. Ich denke, das hat man gemerkt.

Die waren ja auch mitten im Geschehen, inklusive der „Taufe“, als 2010 beim Spiel Deutschland gegen Argentinien ein riesiges Gewitter losging.

Ja. Da sind wir blitzschnell in die Kirche umgezogen mit rund 500 Leuten. Die Kirche war rappelvoll und es war eine Superstimmung. Und der Umzug hat reibungslos und wirklich blitzschnell geklappt.

Das war aber das einzige Public Viewing, das drinnen stattfand.

Ja, die anderen waren alle draußen. Ich fand das eine Mal in der Kirche trotzdem toll. So konnte ich eine kurze Rede halten. Das war dann auch eine Standortbestimmung: Wir sind hier in der Kirche und wir dürfen hier lachen und schreien und stöhnen und jubeln und klatschen und Bier trinken. – Nur zum Rauchen musste man herausgehen.

Sind Sie mit dem Verlauf zufrieden?

Für mich war das Besondere, dass die Leute Kirche auch mal so erleben konnten. Diejenigen, die hier über die Wochen häufiger herkamen, haben nicht nur Fußball geschaut, sondern uns auch als Kirche wahrgenommen. Sie haben uns als einladende Gemeinde erlebt, die auch ganz profan Spaß und Freude haben kann. Wir haben auch mal zwischendurch die Glocken geläutet, wenn entscheidende Tore gefallen sind. Das hatten wir nicht als System, aber wenn die Freude übergroß war, da haben wir auch mal geläutet. Die Besucher:innen haben hier ein rundum lockeres und super engagiertes Team getroffen, es ging ihnen rundum gut. Die haben einen gut gelaunten Pfarrer getroffen und sich einfach wohl gefühlt. Das ist einfach ganz viel wert. Da war auch ein gewisses Staunen: So kann Kirche auch sein!?

Das Gespräch führte Helga Fitzner am 20. Juli 2010.
Fotos: Now 68 und Sonja Grupe